Europas außergewöhnlichste Seilbahnen

Chamonix(dpa/tmn) – Seilbahnen an sich sind spektakulär. Sie schweben weit über dem Boden durch die Luft oder kraxeln auf steilen Rampen Hänge hinauf. Manche Konstruktionen aber stechen heraus – weil sie höher fahren als jede andere Bahn ihrer Art oder an einem einzigartigen Ort gebaut wurden.

Wo sind in Europa die außergewöhnlichsten Bahnen unterwegs? Eine Auswahl:

– Die höchste Dreiseilumlaufbahn der Welt: Der Glacier Ride im Schweizer
Zermatt bringt stündlich bis zu 2000 Menschen hinauf zum
Klein Matterhorn in den Walliser Alpen. Dort liegt die höchste Bergstation Europas auf mehr als 3800 Metern Höhe, wo sich ein hochalpines Panorama mit 38 Viertausendern und 14 Gletschern auftut.

– Im Doppeldecker mit Frischluft: Der erste offene seilbahngeführte Doppeldecker der Welt trägt den passenden Namen «CabriO» – und fährt ausschließlich im Sommer von der Talstation Kälti im Schweizer Kanton Nidwalden auf den Gipfel des
Stanserhorns mit Blick auf den Vierwaldstättersee. 60 Personen passen unten in die vollverglaste Kabine, 30 weitere können sich auf dem Oberdeck alpine Luft um die Nase wehen lassen. Auf 1900 Metern Höhe wartet bei klarem Wetter ein Rundumblick auf 100 Kilometer Alpenkette und zehn Seen.

– Um die eigene Achse auf den Gletscher: Mit der
Titlis-Rotair hat der Branchenriese Doppelmayr/Garaventa 1992 oberhalb von Engelberg im Schweizer Kanton Obwalden schon die erste Luftseilbahn der Welt mit rotierendem Kabinenboden gebaut. Seit 2014 schrauben sich von der Station Stand sogar komplett drehbare Gondeln in fünf Minuten einmal um die eigene Achse. Sie passieren auf dem Weg zur Bergstation am Kleinen Titlis eine einzige schrägstehende Stütze.

– Im Seilbahn-Oldie: Die nach eigenen Angaben älteste im Original erhaltene Großkabinenseilbahn der Welt fährt im bayerischen
Bad Reichenhall. Sie verbindet die Kurstadt seit 1928 mit dem 1614 Meter hohen Predigtstuhl und steht unter Denkmalschutz. Noch immer arbeitet ein Maschinist in der Bergstation, damit die beiden roten Kabinen den Höhenunterschied von 1140 Metern überwinden.

– Von Frankreich nach Italien durch das Mont-Blanc-Massiv: Während der Fahrt mit der Téléphérique de l’Aiguille du Midi von Chamonix ins französische Bergsteigerparadies rauschen in 20 Minuten etliche Dreitausender vorbei. Nach dem Stopp in der dünnen Luft des felsigen Vorpostens auf dem Mont-Blanc-Massiv eröffnet sich ein schöner Blick auf Europas höchsten Berg, bei guter Sicht bis zum Genfer See. Mutige genießen auf dem Skywalk den Rundumblick in einem Ausguck mit Glasboden mehr als tausend Meter über dem Boden.

Weiter geht es mit der Kleinkabinenbahn Vallée Blanche zur Helbronner Spitze auf der italienischen Seite. Wer dann noch mit der rotierenden Pendelbahn Skyway
Monte Bianco nach Courmayeur im Aostatal abfährt, hat eine innereuropäische Grenze überquert − und am Pavillon du Mont Fréty zwischen Juni und September den höchstgelegenen
Alpengarten gesehen.

– Von der Innenstadt in den Naturpark: Mit Standseilbahnen fährt man an vielen Orten auf den Berg. Doch keine ist so schön und vielfältig wie die Hungerburgbahn in Innsbruck nach Plänen der Architektin Zaha Hadid. Die geschwungenen Dächer der Bahnstationen erinnern in Form und Farbe an fließende Gletscherzungen und Moränen. Die Bahn bringt Passagiere in knapp zehn Minuten von der Innenstadt über die Inn an Europas höchstgelegenen Zoo vorbei in den Stadtteil Hungerburg. Von dort kann man mit Gondelbahnen die
Nordkette hinauf zur Seegrube und zum 2300 Meter hohen Hafelekar fahren.

– Auf den Vulkan: Nicht immer sind die Ausbrüche von Europas höchstem und aktivstem
Vulkan Ätna harmlos. 2002 hat es die Seilbahn erwischt – sie wurde zerstört. Inzwischen steht an dieser Stelle aber eine neue Bahn. Die Funivia dell’Etna bringt ihre Passagiere in etwa 15 Minuten von der Station Rifugio Sapienza an der Südseite des Vulkans auf 2500 Meter Höhe. Von der Bergstation La Montagnola geht die geführte Exkursion in Allradbussen über die Lavafelder.

– Über wilden Tieren schweben: In den Bergen von Kantabrien, 20 Kilometer von Santander entfernt, schweben Touristen im
Naturpark Cabárceno gemächlich in Achterkabinen hinweg über Bären, Elefanten, Gorillas, Löwen oder Nashörner und andere, teils gefährliche Tiere. Die Bahn deckt über einen dreieckigen Verlauf die Höhepunkte dieser Landschaft mit spitzen Felsen, idyllischen Seen und Schluchten im Norden Spaniens ab. Der Ausblick reicht nach Santander, den Golf von Biskaya und bei gutem Wetter zum Kalkstein-Massiv Picos de Europa.

– Im Schein der Mitternachtssonne: Nicht viele Seilbahnen fahren nachts. Mit der komplett erneuerten Seilbahn in der nordnorwegischen Hafenstadt Narvik genießen Touristen von Anfang Juni bis Mitte Juli Meerblick in der Mitternachtssonne und im Frühherbst und Spätwinter tagsüber das legendäre Polarlicht.

(dpa)