Regenbogen-Tour im Greenwich Village

New York – Lester Barnett steht vor dem Triumphbogen des Washington Square Parks. «Willkommen, genau das ist Greenwich Village, das Viertel der Künstler, Musiker, Bohemians, der unkonventionellen Freidenker», sagt der New Yorker.

Der als ehrenamtlicher «Big Apple Greeter» soll so etwas wie ein Botschafter der Stadt sein. Und der Park ist ein bedeutender Ort. Beim Beatnik-Aufstand 1961 zum Beispiel wehrten sich Musiker erfolgreich gegen die Polizei, die sie aus dem Park schmeißen wollte. Und als es noch illegal war, öffentlich seine Homosexualität zu leben, etablierte sich das Greenwich Village als Herz der Schwulenszene. Dieser Park sei wie eine Insel der Freiheit gewesen, erzählt Lester, der seit 13 Jahren mit seinem Partner liiert ist. «Wenn die Cops mal hinein kamen, haben sie weggeschaut.»

Ein guter Ausgangspunkt

Heute geht es gesellig zu. Eine Band spielt. Studenten und Familien entspannen im Schatten einer uralten Ulme. Der Washington Square Park ist ein guter Ausgangspunkt, um das Greenwich Village zu erkunden.

Anfang des 19. Jahrhunderts widersetzte sich «The Village» dem Plan, auch dieses Viertel strikt nach Schachbrettmuster anzulegen. So versprüht es bis heute seinen alten Charme. Die Straßen tragen statt aufsteigender Nummern ihre ursprünglichen Namen.

Eine der bekanntesten ist die legendäre Christopher Street. Sie führt vom Hudson River rund einen Kilometer bis zur 6th Avenue. Mittendrin liegt der Christopher Park. Regenbogenflaggen flattern am Zaun. Auf den größten prangen riesige Buchstaben: «PEACE».

Zwei Statuen

Die Eingangspforte gibt den Blick frei auf den gepflasterten Platz, umrahmt von einladenden Parkbänken, von denen eine dauerhaft belegt ist: Eine weiß lackierte Bronzeskulptur zeigt zwei lebensechte Frauen in sich zugeneigten Posen, gleich vor ihnen steht die Statue eines männlichen Paares. Bereits 1992 wurden die Werke des Künstlers George Segal im Christopher Park installiert. Auf den übrigen Bänken turteln Pärchen, schießen Touristen Selfies.

Auf der anderen Straßenseite steht das heutige «Stonewall Inn». In der lauen Sommernacht des 28. Juni 1969, nachdem die New Yorker die Sängerin und Schwulen-Ikone Judy Garland («Somewhere over the Rainbow») zu Grabe getragen hatten, wurde dieser Ort zum Wendepunkt für die LGBTQ-Community. LGBTQ ist die englische Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell, transgender und queer.

Geschichtlicher Exkurs

An jenem Freitagabend feierte und trauerte die Gemeinschaft in einem der wenigen Clubs in New York, in denen sie unbehelligt miteinander tanzen konnte. Nicht unüblich in den Bars des Village, rückte um etwa ein Uhr nachts die Polizei an – eine Razzia.

Immer wieder wurden homosexuelle Partygäste bei Razzien rüde behandelt, gedemütigt und im schlimmsten Fall festgenommen. Doch in dieser Nacht wehrten sich Stammgäste, vehementer als zuvor. Der Funke sprang auf den Mob über. Aus dem Stonewall-Aufstand, der noch mehrere Tage anhielt, ging eine neue Organisation hervor, die Gay Liberation Front – eine Bewegung. Ein Jahr später zogen die ersten Pride Paraden durch die Straßen von
New York, Los Angeles und San Francisco.

Eine persönliche Geschichte

Lester Barnett, damals 26 Jahre alt, war seinerzeit nicht persönlich involviert. Er war glücklich mit seiner Frau verheiratet. «Ich war bereits 32 Jahre alt, als ich spürte und mir eingestand, dass ich mich von Männern angezogen fühlte. Ich war verwirrt, verstört, bis ich es begriff», erzählt er an der Bar des schummrigen «Stonewall Inn», das er an diesem Tag zum ersten Mal betritt.

Während er die jungen Paare heutzutage um ihre Unbefangenheit beneide, sei er noch niemals Hand in Hand mit seinem Partner durch die Straßen New Yorks gelaufen. «Es ist schwer zu beschreiben, es schwebt immer noch eine Art Angst mit.» Homosexuelle wurden auf offener Straße regelmäßig drangsaliert, auch geschlagen. Und wer bei Razzien verhaftet wurde, verlor nicht selten alles.

U.S. National Monument mit LGBTQ-Bezug

Seitdem hat sich viel getan. Im Juni 2016 erklärte der ehemalige US-Präsident Obama den Christopher Park im Village zum ersten U.S. National Monument mit LGBTQ-Bezug. In New York leuchtet die Regenbogenflagge als Symbol allerorten.

Millionen Besucher aus aller Welt reisten zur World Pride 2019 an und zogen in einer schillernden Parade durch Manhattan – vorbei am «Stonewall Inn», wo vor 50 Jahren alles begann.

Greenwich Village in New York

Anreise und Formalitäten: Direktflüge nach New York gibt es von verschiedenen deutschen Flughäfen. Deutsche USA-Urlauber brauchen einen Reisepass und müssen sich online eine elektronische Einreiseerlaubnis (Esta) besorgen. Sie kostet 14 US-Dollar und gilt zwei Jahre lang.

Informationen: NYC & Company c/o Aviareps Tourism, Josephspitalstraße 15, 80331 München (E-Mail: newyork@aviareps.com).


(dpa/tmn)

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