Skifahren in Neuengland: Kleine Berge, große Vielfalt

Boston – «Ein Olympia-Berg wird das nie werden», sagte der frühere Skirennfahrer Sel Hannah, als er den Berg im US-Staat New Hampshire in den 1960er Jahren zu einem Skigebiet machen sollte. «Aber Kinder, Mütter und Väter werden es hier lieben.»

Viel los war bis dahin nicht am Loon Mountain – das sollte sich mit dem Bau der ersten Lifte ändern. Am 27. Dezember 1966 eröffnete das Skigebiet, 30 000 Wintersportler kamen in der ersten Saison. Das Resort wurde seitdem stetig erweitert, ist mit seinen 12 Liften und 45 Pistenkilometern aber noch immer überschaubar. Es geht maximal bis auf 930 Meter hinauf – deutsches Mittelgebirgsniveau.

Heute ist der Berg, zwei Autostunden nördlich von Boston gelegen, besonders unter Freestyle-Snowboardern und -Skifahrern bekannt: Sechs Funparks hat das Gebiet, dazu eine Halfpipe und eine Superpipe.

Weiter nach Jackson, von Loon Mountain eine gute Stunde Autofahrt nach Nordosten. Der kleine Ort ist eher verschlafen. Sandra Plourde sieht darin keinen Nachteil. «Hier ist viel Platz, da kann sich jeder austoben, wie er will», sagt die gebürtige Kielerin. Plourde betreibt mit ihrem Mann ein Hotel in dem Ort.

Vor der Tür finden Wintersportler in Jackson einen riesigen Naturspielplatz. Es gibt kaum etwas, das nicht angeboten wird: Abfahrt und Langlauf, alle möglichen Sportarten auf dem Eis, eine Tour mit dem Fatbike oder – für PS-Fans – mit dem Schneemobil. Wer sich austoben will, sollte sich warm einpacken. Temperaturen um die minus 20 Grad und eisige Winde sind hier keine Seltenheit.

Über den Highway 302 geht es von Jackson ins 27 Meilen entfernte Bretton Woods, wo 1944 eine internationale Währungsordnung samt Weltbank und Internationalem Währungsfonds beschlossen wurde. Mit 56 Pistenkilometern wirbt man hier damit, das größte Skigebiet in New Hampshire zu sein.

Markant auf einer Anhöhe thront das «Mount Washington Hotel», das einfach in die Landschaft gesetzt zu sein scheint: ein mehr als 100 Jahre alter Holzbau, einst ein Grand Hotel unter vielen. «Hierher kam man vor allem zur Sommerfrische, aus New York und aus Boston», sagt Craig Clemmer, Marketingchef des Hotels. Züge fuhren aus den Metropolen an der Küste hinauf in die sogenannte Presidential Range, die so heißt, weil hier jeder Berg den Namen eines ehemaligen US-Präsidenten trägt: Jefferson, Eisenhower – oder Washington.

Der Mount Washington ist der markanteste und mit knapp 2000 Metern auch der höchste Berg im Nordosten. «Und der mit dem schlechtesten Wetter», ergänzt Tim, der Touristen in einem eigens entwickelten Van auf den tief verschneiten Berg lenkt. Statt Rädern hat der Kleinbus Ketten, die in Form eines Dreiecks um die Antriebsrollen laufen.

Am Berg weht mitunter ein starker Wind. Je höher man kommt, umso kürzer werden die Bäume. Und umso schiefer. Auf dem Gipfel wurde einmal die kälteste Temperatur der Welt aufgezeichnet, heißt es: minus 70 Grad auf der Fahrenheit-Skala. Minus 57 Grad Celsius.

In Stowe im Bundesstaat Vermont weht ein Hauch Österreich durch die Berge, denn an diesem Ort hat sich vor dem Zweiten Weltkrieg die Familie des vor den Nazis geflohenen Militärs Georg von Trapp niedergelassen. Sie war als Musikgruppe «The Trapp Family Singers» durch die USA gezogen und hatte schließlich ihre Farm in den sanften Hügeln Vermonts gebaut. Von Trapps Ehefrau Maria hatte diese Gegend ausgewählt. Die Landschaft erinnerte sie an ihre Heimat Österreich. Stowe ist eine Art Pilgerstätte für Fans eines der erfolgreichsten amerikanischen Filme: «The Sound of Music». Die Familiengeschichte der von Trapps war das Vorbild für Plot, der am Ende jedoch stark davon abwich.

Das Stowe Mountain Resort gehört mit seinen 64 Pistenkilometern zu den beliebtesten der knapp zwei Dutzend Skigebiete in Vermont. «Die Pisten sind recht schmal, gesäumt von Bäumen, und immer wieder gibt es leichte Vorsprünge im Terrain, an denen man anhalten und die Landschaft genießen kann», erklärt Bergführer Mike, der in der Gegend aufgewachsen ist. Das sind die klassischen Neuengland-Pisten, wie sie vielerorts in der Region zu finden sind.

Sicher, die Skigebiete im äußersten Nordosten der USA sind keine Mega-Resorts mit endlos Pistenkilometern, wie man sie in den Rocky Mountains findet. Wer aber mit Schneeschuhen, Langlaufskiern oder auf einem Fatbike durch Wälder streifen und Schwünge auf gut präparierten Pisten machen will, ist hier gut aufgehoben. Hotelbetreiberin Sandra sagt: «Man kann hier klassischen Neuengland-Urlaub machen, sich die Küste anschauen – und auch noch ein paar Tage Skifahren.»

Neuengland

Reiseziel: Zu Neuengland gehören Maine, Vermont, New Hampshire, Massachusetts, Connecticut und Rhode Island. Die meisten Skigebiete sind in den nördlichen drei Staaten Maine, Vermont und New Hampshire.

Klima: Die nördlichen Neuengland-Staaten haben ausgedehnte Winter mit kalten Temperaturen und viel Schneefall.

Anreise: Der größte Flughafen ist Boston (Massachusetts), der von verschiedenen Airlines aus Deutschland direkt angeflogen wird. Die Flugzeit beträgt weniger als sieben Stunden. Von dort aus kommt man mit dem Mietwagen oder mit kurzen Inlandsflügen in die Berge.

Formalitäten: USA-Urlauber brauchen für die Einreise eine elektronische Einreiseerlaubnis (Esta).

Übernachtung: Unterkünfte in den Skigebieten Neuenglands sind eher familiär. Häuser großer Ketten findet man nur in den größeren Orten.

Informationen: Discover New England, c/o Get It Across Marketing & PR, Neumarkt 33, 50667 Köln, 0221/47 67 12 11, E-Mail: discovernewengland@getitacross.de.


(dpa/tmn)

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