Wo Tabakschuppen das Ortsbild prägen

Herxheim –

Die Corona-Krise macht Reisen derzeit nahezu unmöglich. Noch ist auch nicht abzusehen, wann man innerhalb Deutschlands wieder bedenkenlos Urlaub machen kann. Doch wenn es soweit ist, warten in der Pfalz sechs ehemalige Tabakdörfer mit ihren Baudenkmälern auf einen.

Fachwerkidylle prägt die Hauptstraße des Dörfchens Herxheim-Hayna bei Landau in der Pfalz. Doch da ist noch mehr: Hinter und zwischen den gepflegten Häusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert zwängen sich hohe hölzerne Gebilde zwischen die Wohnhäuser – Tabaktrockenschuppen.

Der Historiker Florian Metz, der sich als Mitglied der Bürgerstiftung für den Erhalt der historischen Gebäude einsetzt, zählt in ganz Herxheim etwa 200 solcher ortsbildbestimmenden Schuppen. 7 von ihnen bilden am Haynaer Friedhofsweg die geschlossene Hofrückseite der schmucken Fachwerkhäuser an der Hauptstraße.

«Sie gehören zu den 100 Tabaktrockenschuppen, die der Denkmalschutz als schützenswerte Einzelobjekte deklariert hat», sagt Metz. Das Problem: Die Schuppen verfallen zusehends. Heute werden hier allenfalls Holz gelagert oder Wagen und Geräte untergestellt. Das Geld für Reparaturen oder originelle neue Nutzungen fehlt.

Tabakgeschichte als touristisches Angebot

Bislang haben nur wenige Eigentümer ihrem Tabakschuppen mit den Denkmalschutzauflagen neues Leben eingehaucht. Michael Daum und seine Frau mit ihrem Hotel «Duwakschopp» (pfälzisch für Tabakschuppen) gehören dazu. Oben, wo die Tabakblätter einst hängend trockneten, haben die Daums kleine Wellness- und Tagungsbereiche eingebaut. Im Erdgeschoss grenzen nun sanitäre Anlagen ans Restaurant «Starker Tobak» und den zum Biergarten umgestalteten Hinterhof.

Das Drei-Sterne-Hotel liegt an der etwa 40 Kilometer langen Radroute
Tabaktour, die sechs ehemalige Tabakdörfer bei Landau miteinander verbindet. Die Tour zeigt den Aufschwung der Region während des internationalen Booms der Tabakindustrie seit dem 19. Jahrhundert, als das Rauchen noch als weltläufig galt.

In der Ferne begrenzen Pfälzerwald und Odenwald den Horizont, mit Glück sogar der Schwarzwald, während die Radler Fachwerkhäuser und Tabakscheunen, gepflegte Gärten und wogende Felder passieren.

Wie der Tabak in die Pfalz

Nachdem das Nachtschattengewächs im 15. Jahrhundert den Weg an Bord der Karavellen von Kolumbus nach Europa fand, pflanzte Pfarrer Anselmann die erste schriftlich nachgewiesenen Exemplare 1573 in seinen Pfarrgarten in Hatzenbühl. Eine Zeit lang galt die nikotinhaltige Pflanze in Europa als Zierde und sogar als Heilmittel. Doch der Anbau lohnte sich erst, als die Sitte des Rauchens mit dem Dreißigjährigen Krieg nach Deutschland schwappte.

In Herxheim befindet sich ein bauernkulturgeschichtliches Museum in einem alten Tabakbauernhof. Dort erzählen einige Exponate von der Zeit des Tabakanbaus, Zigarrendrehens und Rauchens.

Weiter auf den Spuren des Tabaks

Der liebevoll gepflegte Tabakrundweg in Hatzenbühl − eine weitere wichtige Station der Tabaktour − zeigt die Verankerung des Tabaks in der Tradition. Er beginnt und endet am Ort des ersten nachgewiesenen Tabakanbaus in Deutschland, dem Pfarrgarten der Ortskirche.

Die Informationstafeln an den Gärten, Feldern und Schuppen sind zwar selbsterklärend, aber interessanter ist die Führung durch eines der 16 Mitglieder der Interessengemeinschaft Tabakweg um den Rentner Ernst Wünstel. In einem der Tabakschuppen auf dem zwei Kilometer langen Fuß- und Radweg demonstrieren die Führer nicht nur die verschiedenen Verarbeitungsstufen der braunen Blätter. Sie erklären auch, wie die Samen gezogen werden, in Frühbeeten reifen und auf den Feldern innerhalb von neun Wochen zu stattlichen Pflanzen werden.

Am Ende der Tour verabschiedet sich Wünstel mit dem «Hatzenbühler Tabakgruß», einem Kärtchen mit Samen der traditionellen Zigarrentabaksorte Geudertheimer. So wird der alte Pfälzer Duft in seiner angenehmen Variante weitergetragen.

Südpfälzer Tabaktour

Informationen: Südliche Weinstrasse Herxheim, Im Rathaus

Obere Hauptstraße 2, 76863 Herxheim (Tel.: 07276/501 107, E-Mail: verein-suew@herxheim.de)


(dpa/tmn)

(dpa)