Hotel Adlon wird 100

Das Hotel Adlon in Berlin feiert hundertjährigen Geburtstag. Eigentlich ein Ereignis, das nicht allzu viele Menschen betrifft. Aber in diesem Fall war es den Berliner Zeitungen einige Schlagzeilen wert, und sogar das U-Bahn-Fernsehen in den Eingeweiden der Hauptstadt erwähnte stolz den Jubilar. Vielleicht passt das legendäre Grand Hôtel einfach gut zur momentanen Aufschwungs-Euphorie und den deutschen Nobelpreisen. Vielleicht drückt sich in dem seltsamen, kollektiven Stolz auf ein Luxushotel das Bedürfnis nach gemeinsamer Geschichte aus.

Doch die Entdeckung des Adlon als deutsches Kulturgut fand durchaus nicht erst 2007 statt. Schon bei der ersten Gründung im Jahr 1907 berauschte Berlin sich an der Eröffnung des ersten Grand Hotels auf deutschem Boden: „Während des gestrigen Tages hatten Kaiser, Kaiserin, Prinzessinnen und Prinzen den prächtigen Hotelbau besichtigt und Herrn Adlon ihre Anerkennung des hier Geschaffenen in ehrendster Weise ausgesprochen.“, jubelte die „Vossische Zeitung“.

In den folgenden Jahrzehnten erlebte das Haus seine Blütezeit. Berühmte Namen wie Thomas Mann, Bertold Brecht, Charlie Chaplin, Albert Einstein, Henry Ford und Marlene Dietrich verliehen dem Gästebuch die Exklusivität, nach der man sich so lange gesehnt hatte – endlich hatte die Berliner High-Society einen Ort, einen Tempel, worin die Reichen und Prominenten sich dem schaulustigen Volk opfern konnten. In den 20ern, als Berlin die Kunsthauptstadt Europas war, war das „Hotel Adlon Kempinksi“ deren Herz.

Mit den Nationalsozialisten sank der Stern des internationalen, elitären Etablissements; für amüsante Anekdoten sorgte jetzt statt Künstlern und Filmschaffenden der Reichsjugendführer. Der Glamour war dahin. Zwei Tage vor Kriegsende brannte das Hotel unter ungeklärten Umständen bis auf ein Seitengebäude ab.

Die DDR hatte wenig übrig für Luxushotels, sie machte aus dem ehemaligen Adlon kurzerhand ein Lehrlingsinternat.

Erst nach dem Fall der Mauer wurde das Hotel Adlon wieder aufgebaut. 1997 durfte Bundespräsident Roman Herzog den Neubau eröffnen. Ein Gemeinplatz deutscher (Gastronomie-)Kultur wurde wiedereröffnet, jetzt feiert das Adlon seinen hundertsten Geburtstag. Dass es insgesamt nicht mal ein halbes Jahrhundert betrieben worden ist, zählt da wenig – ein Mythos schert sich nicht um Zahlen.