Elvis auf Kuba…

... oder:

Warum die malerische Karibik-Insel vor der amerikanischen Küste doch kein Ferienparadies für die Mittelschicht der Vereinigten Staaten wurde.

1972: Ein Abend im Hilton Havanna. Männer und Frauen in Abendgarderobe sitzen an den im Saal verteilten Rundtischen; an der Bar werden in unglaublicher Geschwindigkeit Cocktails gemixt. Die Industrie-Funktionäre, die gerade eine Konferenz auf Kuba abhalten, treffen ein. Ein kleiner Kubaner im Smoking erklimmt die Bühne, greift nach dem Mikro und verkündet enthusiastisch: „Ladies and Gentlemen, wie jeden Abend ist es soweit … The King of Rock ’n‘ Roll, Elvis Presley, exklusiv für unsere Gäste !“ Und da ist er, schon mehr eine Parodie seiner selbst im glitzernden Anzug, die Haare fettglänzend, ein übergewichtiger, zitternder Mann, „The King“, die Touristen halten es kaum auf den Stühlen aus, ihre Hüften zucken … Elvis, derselbe Elvis wie in ihrer Jugend … und sie bestellen noch einen Daiquiri…

Nicht, dass dergleichen Gedankenspiele besonders ergiebig wären, Elvis Presley hat seinen Vorruhestand ja bekanntlich in Las Vegas genossen.

Ein Blick auf die Geschichte der karibischen Insel, und besonders auf die Entwicklung des Tourismus auf Kuba, lohnt dennoch – um ein Haar hätte die Insel nämlich Las Vegas ersetzt.

Ehe die Gebrüder Castro mit ihren Mitstreitern 1959 die Revolution über das karibische Inselreich brachten, war Kuba ironischerweise eines der Lieblingsziele amerikanischer Urlauber.

Der Kuba-Tourismus war während der Prohibtion in Amerika (1919-32) regelrecht explodiert – Alkoholverbote, Einschränkungen bei Glücksspielen und Prostitution gab es auf der Insel nicht. Die Steuern waren niedrig, die Löhne auch; viele amerikanische Geschäftsleute investierten in Kuba, wollten es regelrecht ausbauen zur Ferieninsel, zum Vergnügungs- und Urlaubsparadies.

Das daraus nichts wurde, liegt an der Revolution und dem umgehenden amerikanischen Embargo. Wer als Amerikaner in den Tourismus investieren wollte, richtete sein Interesse fortan lieber auf Las Vegas.

Im Nachhinein betrachtet, scheinen die Kubaner gerade nochmal Glück gehabt zu haben – ehe die ausländischen Investitionen weit genug gediehen waren, um den morbiden Charme der Altstadt Havannas durch glitzernde Hotelfassaden zu ersetzen, wie es beispielsweise in Rio de Janeiro teilweise der Fall war, kam der Sozialismus, und von da an war für solche Phantasien einfach kein Geld mehr da; wie überhaupt für ziemlich Vieles.