Was Segelkreuzfahrten auszeichnet

Stuttgart – Es ist lange her, dass sich nur wohlhabende Menschen eine Kreuzfahrt leisten konnten. Inzwischen ist eine Seereise auf dem Mittelmeer oft für wenige Hundert Euro zu haben. Die Reedereien bauen immer größere Schiffe, die sich wie schwimmende Dörfer über das Wasser bewegen. Das gefällt nicht jedem. Doch es gibt Alternativen – zum Beispiel Segelkreuzfahrten.

Was ist anders als bei einer gewöhnlichen Kreuzfahrt?

Von der Segeljacht für 20 Urlauber bis zum Großsegler für 220 Passagiere reicht das Angebot. Das ist weit entfernt von den Gästezahlen der meisten Kreuzfahrtschiffe, die mit mehr als einem Dutzend Restaurants und reichlich Entertainment aufwarten.

«Bei einer Segelkreuzfahrt steht primär das Segeln im Fokus», sagt Antonie Hoffmann, die auf den Segeljachten des Veranstalters Sailing-Classics aus Stuttgart arbeitet. «In erster Linie wollen wir die Natur genießen, das Meer und mit dem Wind unterwegs sein.»

Natürlich geht es Gästen auf einem großen Motorschiff ebenfalls darum, das Meer zu genießen. Doch diese Schiffe sind überwiegend nachts unterwegs, tagsüber stehen Landgänge an. Das Fahrerlebnis als solches wird weniger zelebriert, sieht man einmal von Reisen wie der klassischen Transatlantik-Kreuzfahrt ab.

«Bei uns ist der Weg das Ziel», sagt Petra Quasdorf, Managerin beim Segelreisenanbieter Sea Cloud Cruises. Häfen sind eher die Umrahmung einer solchen Reise – für maximal einen halben Tag wird angelegt.

Wer möchte, lernt auf einer Segelkreuzfahrt viel über das Segeln und kann dabei mitmachen. Aber das ist keine Pflicht, anders als auf einem kleinen Segelboot, das man samt Skipper mietet. Dort müssen die Mitfahrer permanent helfen – das ist mehr ein Aktivurlaub.

Wie abhängig sind Segelkreuzfahrten vom Wetter?

Die Erfahrungen der Crew und der Reiseanbieter sind wichtig bei der Routenplanung. Hier geht es vor allem um die Besonderheit der Jahreszeiten und die Windverhältnisse. Die Reisen seien zwar gut planbar, sagt Quasdorf, aber es kann immer Abweichungen geben. In der Regel gibt es einen zeitlichen Spielraum, falls Sturm und Gewitter auftreten. «Die Törnplanung ist daher unter Vorbehalt», sagt auch Hoffmann. Herrscht Flaute, bringen die Verbrennungsmotoren der Segelschiffe die Gäste zur nächsten Station der Reise.

Wie ist das Bordleben?

«Das Bordleben für die Gäste ist sehr entspannt», sagt Hoffmann. Aber das muss es nicht sein. Wer gerne helfen möchte, kann das tun – ob beim Segeln an Deck nach einem Training oder bei Wartungs- und Reparaturarbeiten. Die grobe Struktur richte sich nach Tages- und Essenszeiten. In diesem Punkt unterscheiden sich Segelkreuzfahrten nicht so sehr von den Schiffsreisen von Aida, Tui Cruises und Co. Strom gibt es zwar auf allen Segelkreuzfahrten – aber Telefon und Internet an Bord nur manchmal. Man ist also etwas weniger vernetzt.

Was sollte man auf eine Segelkreuzfahrt unbedingt mitnehmen?

«Wichtig sind rutschfeste Schuhe, Windjacke und Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor», sagt Quasdorf. Das Sonnenlicht reflektiert auf dem Wasser, daher ist eine Sonnenbrille notwendig. Eine Kopfbedeckung ist ebenfalls ratsam. «Auch wenn man eine Sommerreise gebucht hat, sollte man etwas Wärmeres mitnehmen», ergänzt Hoffmann. Und noch ein Tipp: «Um das Handy vor Wasserspritzern zu schützen, sollten Reisende einen wasserfesten Beutel mitnehmen.»

Wie umweltfreundlich sind Segelschiffe?

«Kreuzfahrten auf großen Segelschiffen haben im Vergleich zu schwerölbetriebenen Ozeanriesen klar die bessere Ökobilanz, wenn es um die Luftschadstoff- und CO2-Emissionen geht», sagt Daniel Rieger vom Naturschutzbund Nabu. Das gelte aber nur, wenn die Schiffe auch tatsächlich vom Wind angetrieben werden und nicht die Dieselmotoren an Bord für den Vortrieb nutzen. Für den Hotelbetrieb an Bord werden dem Experten zufolge ebenfalls fossile Kraftstoffe gebraucht.

Insgesamt haben Segelkreuzfahrten aber einen Vorteil: Die Schifffahrt werde sich in den kommenden Jahren auf emissionsfreie Antriebe umstellen müssen, um ihren Beitrag zum Klimaschutz zu leisten, erklärt Rieger. Hier seien Segelschiffe klar im Vorteil, da sie ihren Energiebedarf schon heute anteilig aus erneuerbaren Energien deckten.

Für wen sind Segelkreuzfahrten eher nichts?

«Barrierefreiheit kann man da vergessen», berichtet die Urlauberin Manuela Stölzle, die zweimal auf der «Star Clipper» unterwegs war. Steile Treppen führen in die Kabinen. «Und auf Deck sind Seile gespannt und die Segel verzurrt. Man muss deswegen immer wahnsinnig aufpassen.» Für kleine Kinder sind solche Reisen auch eher nichts.

Schwierig wird es vor allem bei starkem Wellengang für Menschen, die schlecht zu Fuß sind. Segelschiffe sind dem Spiel des Meeres stärker ausgesetzt als ein großes Kreuzfahrtschiff. Das führt auch dazu, dass viele Passagiere seekrank werden. «Jemand, der sehr empfindlich ist, geht eher auf ein klassisches Kreuzfahrtschiff», rät Quasdorf.

Eine weitere Herausforderung für ältere Reisende und Menschen mit Gehbehinderung ist das Tendern: Die Segelschiffe ankern mitunter vor der Küste und nicht direkt am Stadthafen. Mit kleinen Schlauchbooten werden die Gäste dann an Land gebracht. Dabei könne es schon mal passieren, dass man «eine nasse Landung» hinlegt, sagt Stölzle.

Bei gesundheitlichen Beschwerden kann an Bord der Schiffsarzt helfen. Bei kleineren Anbietern haben zumindest Kapitän und erster Steuermann eine Erste-Hilfe-Ausbildung, wie Hoffmann sagt. Medikamente gegen Reiseübelkeit und eine Reiseapotheke sind stets an Bord.

Welche Anbieter von Segelkreuzfahrten gibt es?

Sea Cloud Cruises und Star Clippers sind mit Windjammern unterwegs. Das sind Großsegler mit einer Länge von rund 100 Metern, etwa 20 Metern Breite und Platz für mehr als 200 Gäste. Kleiner mit einer Länge von bis zu 54 Meter sind zum Beispiel die Segeljachten von Sailing-Classics für maximal 28 Gäste. Die genannten Veranstalter bieten nur Segelreisen. Andere Reedereien wie Windstar Cruises und Ponant haben neben anderen Schiffen auch Segelschiffe in der Flotte.


(dpa/tmn)

(dpa)